Gestaltung neuer Welten

Otl Aicher (c) Karsten de Riese
Otl Aicher (c) Karsten de Riese

Architektur, Design, Kunst und Kultur stehen für die Spiele in München gleichbedeutend wie der Sport. Gestaltung für die Zukunft war Ziel der kreativen Köpfe und der politischen Visionäre. Die öffentlichen Plätze des Olympiaparks laden noch heute ein und stehen für ein demokratisches Miteinander, für Nachhaltigkeit und Schönheit sowie Spielräume für ein Miteinander und neue Welten.

Die Gestalter der Olympischen Spiele in München repräsentierten eine Generation, die sich deutlich vom Deutschland der Nationalsozialisten distanzierte. Sie wollten Bilder und Räume schaffen, mit denen sich eine demokratische, freiheitliche Gesellschaft identifizieren konnte und die beispielhaft für die Gestaltung neuer Welten sein sollte. Kommunikation statt Repräsentation war das Motto, Offenheit statt Erhabenheit, Transparenz statt Mauern, heitere Leichtigkeit statt einschüchterndem Gigantismus - Betreten des Rasens erlaubt!

Die Planer_innen des Architekturbüro Behnisch und seiner Partner, der Landschaftsplaner Günther Grzimek und das Design-Team rund um Otl Aicher, begriffen ihre Aufgabe so politisch wie Willi Daume als Präsident des Nationalen Olympischen Komitees und Jochen Vogel als Oberbürgermeister Münchens und aller anderen Entscheider. Kompromisslos setzten sie auf einen radikalen Kurswechsel - weg vom Vertrauten hin zu Innovation, Experiment, Klarheit. Ziel war nichts weniger als ein Gesamtkunstwerk als Vorwegnahme einer neuen Gesellschaft. Es entstand eine experimentelle, transparente Architektur und eine visuelle Kommunikation mit Piktogrammen, die auch ohne Sprachkenntnisse gelesen werden konnten. Internationale Künstler wurden beauftragt, Kunstwerke für den Olympiapark zu entwickeln, wie die Zero-Künstler Heinz Mack und Otto Piene. Im weiteren Umfeld realisierte Michael Heizer eine seiner ersten Land-art-Projekte, der Erdkilometer von Walter de Maria erhitzte die Gemüter.

München war für die kritische Jugend rund um 1968 ein wichtiger Ort, die Akademie der Bildenden Künste Keimzelle für kulturelle Erneuerung - sicher ein Grund, warum der damalige Kulturreferent Herbert Hohenemser und der Kulturausschuss des Münchner Stadtrats ein avantgardistisches Kulturprogramm anregte, das den aktuellen Strömungen in der internationalen zeitgenössischen Kunst entsprach und den performativen, partizipatorischen und kritischen Geist der Zeit wiedergeben sollte.

Die Idee der Spielstraße war geboren und mit Werner Ruhnau auch ein Impresario gefunden, der sich mit Theater und ganzheitlich performativen Konzepten beschäftigt hatte. Zielstrebig brachte er seine Ideen und Kontakte in die Ausgestaltung der Spielstraße mit zeitgenössischen Künstler_innen ein. Kunst sollte als Kommentar zur Welt des Sports verstanden werden und als Einladung an die Menschen mitzumachen. Parallel dazu versammelten sich - einmalig in Fülle und Komplexität - Kunstwerke und Artefakte in der Ausstellung „Weltkulturen und moderne Kunst und Kunstwerke“ im Haus der Kunst, das mit der entarteten Kunst während des Nationalsozialismus eine düstere Geschichte geschrieben hatte.

Olympiastadion Baustelle (c) Olympiapark
Olympiastadion Baustelle (c) Olympiapark