
01.06.2022–30.06.2022
Tony Cokes: Some Munich Moments 1937-1972
Seit mehr als drei Jahrzehnten konzipiert Tony Cokes (geb. 1956) audiovisuelle Arbeiten, die die Videokunst und das affektpolitische Verständnis der Medien Bild, Text und Sound nachhaltig beeinflusst haben. Ausgehend von einer grundsätzlichen Kritik an der medialen Repräsentation und Kommodifizierung Afro-Amerikanischer Gemeinschaften entwickelt Cokes seit den späten 1990er Jahren Videoarbeiten, die von einer geradezu radikalen Verweigerung repräsentativer Bildkulturen geprägt sind.
In Anknüpfung an konzeptuelle, mit sprachlichen Mitteln arbeitende künstlerische Verfahren, hat Cokes eine einzigartige, emanzipatorische Form der Videoessays geschaffen. Cokes sampelt dabei vorgefundenes Quellenmaterial, das er Kritischer Theorie, politischen Reden, Online-Journalismus, Sozialen Medien oder Songtexten entnimmt und welches oftmals aktuelle gesellschaftspolitische Ereignisse kommentiert.
Unterlegt werden diese Artikulationen mit Musiktracks verschiedener popkultureller Genres, sodass sich stets eine musiktheoretische und -geschichtliche Schicht über den Text legt.
In dieser konstanten Spannung zwischen der konzeptuell-diskursiven Ebene und der hochaffektiv-physischen Wirkung im Zusammenspiel aus Sound und Bild untersucht Cokes die Bedingungen von Lesbarkeit, Bedeutungsgenerierung. und -zuschreibung. Durch die Verwendung großformatiger LED-Bildschirme oder großflächiger Interventionen im öffentlichen Raum transformiert Cokes die private Praxis des Lesens in einen öffentlichen, sozialen Akt.
Die gemeinschaftliche Erfahrung dieses körperlichen Lesens rückt – genauso wie die bewusste Auslassung oder Abkürzung von Namen in den Textcollagen – weniger die individuellen als vielmehr die systemisch-biopolitischen Machtverhältnisse in den Vordergrund, auf welche die unterschiedlichen Sprechakte verweisen. In der Verknüpfung von Text- und Soundmaterial, das verschiedenen historischen Kontexten entnommen ist, legt Cokes Verschiebungen in kulturellen Manifestationen struktureller Unterdrückung frei.
Neben diesem Interesse für geschichtliche Prozesse sind Cokes jüngste Arbeiten von einer «Ortssensibiltität» geprägt und setzen lokale Perspektiven der Ausstellungsarchitekturen mit zeitgenössischen, gesellschaftspolitischen Fragestellungen in Beziehung.
Für seine kommende Ausstellung Some Munich Moments: 1937-1972 wird Cokes ausgehend von der gemeinsamen ideologischen Geschichte des Haus der Kunst und der Räume des Kunstvereins München in der NS-Zeit einen Referenzrahmen zur visuellen Sprache der Olympischen Spielen 1972 spannen, das als „Fest des Friedens“ eine umfassende Abkehr von der NS-Vergangenheit formulierte.
Im Zentrum von Cokes‘ künstlerischer Auseinandersetzung wird dabei Otl Aichers gestalterisches Konzept für die Spiele stehen sowie die Ausstellung «Weltkulturen und moderne Kunst», die im Auftrag des Organisationskomittees der 20. Olympiade im Haus der Kunst zeitgleich veranstaltet wurde.
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