Die Olympischen Spiele München 1972
Die Olympischen Sommerspiele in München stehen für viel mehr als Sport: Sie vermitteln ein neues Bild von Deutschland als demokratisches und modernes Land und markieren die Entwicklung Münchens zur internationalen Großstadt. In Erinnerung sind die heiteren Spiele, die Sport, Kunst und Kultur und Menschen verbanden, aber auch das tragische Attentat auf die israelische Olympia-Mannschaft am 5. September ’72.
2022 ist der Olympiapark immer noch integraler Bestandteil der bayerischen Landeshauptstadt und damit ein international bedeutendes Bespiel dafür, wie nachhaltig olympische Sportstätten genutzt und wie wegweisend olympische Spiele eine Stadt verändern können, wenn sie strategisch geplant und für eine fortdauernde Nutzung gestaltet sind. Die Organisation und Realisierung der Olympischen Spiele 1972 setzten international bedeutende Maßstäbe und überzeugten durch ein klares Bekenntnis für eine demokratische und freiheitliche Gesellschaft.
In Erinnerung sind herausragende sportliche Leistungen und Athlet_innen, die als Persönlichkeiten die Spiele in München prägten, wie u. a. die Hochspringerin Ulrike Meyfarth, der Schwimmer Mark Spitz, die Leichtathletin Heide Rosendahl, der Speerwerfer Klaus Wolfermann, die Läuferin Renate Stecher oder die Turnerin Olga Korbut. An diesen Namen wird deutlich, dass unterschiedliche Nationen und nationaler Wettstreit verbindender Teil von Olympia ist. 1972 war Höhepunkt des kalten Krieges, die DDR zog erstmals als eigene Mannschaft bei Olympischen Spielen ein. Dass palästinensische Attentäter die Spiele als Schauplatz für das Attentat auf israelische Athleten nutzten, hat in erster Linie politische Gründe.
Auch die Entscheidung für die Bewerbung Münchens war politisch motiviert. Über 20 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs wollte Deutschland zeigen, dass es demokratisch gefestigt ist und sich bewusst abgrenzt von den nationalsozialistischen Spielen in Berlin 1936. Willi Daume, damaliger Präsident des Nationalen Olympischen Komitees, besuchte in dieser Mission am 28. Oktober 1965 den damaligen Oberbürgermeister Jochen Vogel im Münchner Rathaus, überzeugte ihn und bereits wenige Monate später am 26. April 1966 bekam in Rom die Stadt München den Zuschlag.
Das Bewerbungskonzept bestach in seinem Bekenntnis für die Spiele der kurzen Wege, die Spiele im Grünen, die Verbindung von Sport und Musen. Die Stadt München und die Bundesrepublik Deutschland bekamen die Chance, mit den Spielen Brücken zu bauen - zwischen Ost und West, zwischen den alten Nationen und den neuen, die sich erst aus der kolonialen Unterdrückung befreiten. Nirgends vorher waren so viele Nationen aus Afrika, Asien und allen Teilen der Welt bei Olympischen Spielen vertreten wie in München.
Unzählige Geschichten und Begegnungen prägten die Spiele von 1972, aber auch bahnbrechende technische Neuerungen. Erstmals wurden rund um den Globus Fernsehbilder in Farbe gesendet. Mit dem Einsatz neuester Technik avancierte München zur modernen Großstadt - U-Bahn und S-Bahn veränderten das Stadtbild sowie eine Fußgängerzone, die früher als in anderen vergleichbaren großen Städten das Zentrum der Stadt bürgernah und verkehrsfrei machte. Die Welt war 1972 in Transformation. Viele Aspekte wie das Bewusstsein für den Klimawandel, der Wunsch nach Partizipation, nach öffentlichen Räumen der Begegnung sind nach wie vor aktuell. Die Kommerzialisierung des Sports, die vordem vehement verpönt war, setzte 1972 ein und prägt den internationalen Sport mehr denn je. Die politische Dimension der Olympischen Spiele bringt Peking 2022 erneut ins Bewusstsein.